Dyskalkulie

Viele Eltern fragen sich, warum ihr Kind selbst einfachste Mathematikaufgaben trotz regelmäßigen Übens nicht bewältigen kann. Eine mögliche Ursache hierfür ist Dyskalkulie. Von Dyskalkulie oder Rechenschwäche sprechen Expert:innen, wenn ein Kind Schwierigkeiten im Zahlen- und Mengenverständnis sowie den darauf basierenden Rechenfertigkeiten hat und diese nicht auf eine Intelligenzminderung oder unangemessene Beschulung zurückführbar sind. Kinder mit Dyskalkulie weisen im Vergleich zu ihren Altersgenoss:innen erhebliche Defizite im Rechnen auf. Sie sind von Kind zu Kind unterschiedlich ausgeprägt, weshalb jedes Kind eine auf seine individuellen Stärken und Schwächen abgestimmte Förderung benötigt. 

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Symptome von Dyskalkulie

Dyskalkulie beschreibt ausgeprägte Schwierigkeiten beim Erlernen des Rechnens. | © AndreaObzerova

Die ersten Anzeichen einer Dyskalkulie zeigen sich bereits im Vorschulalter anhand von Defiziten bei den sogenannten Basisfertigkeiten, auf welchen die später ausgebildeten Rechenfertigkeiten fußen. Zu diesen gehören das Mengen- und Zahlenverständnis sowie einfache Additions- und Subtraktionsaufgaben. Anzeichen einer Rechenschwäche können sein:  

  • Fehler beim Vergleichen von Zahlen und Mengen
  • Probleme beim freien (Ab-)Zählen von Gegenständen
  • Schwierigkeiten beim Einschätzen kleiner Mengen
  • Fehler beim Benennen einstelliger arabischer Zahlen
  • Schwierigkeiten beim Schätzen kleiner Mengen
  • Probleme bei einfachen Additionen und Subtraktionen (auch wenn anschauliche Objekte zur Hilfe genommen werden) 

Verlauf von Dyskalkulie

Schüler:innen mit Dyskalkulie entwickeln aufgrund des ständigen Leistungsdrucks oftmals psychische Folgeprobleme wie eine negative Haltung gegenüber Zahlen und Rechenaufgaben, die in einer generellen Schul- und Prüfungsangst münden kann. Dies zeigt sich unter anderem anhand von psychosomatischen Symptomen wie Kopf- und Bauchschmerzen vor Leistungskontrollen sowie depressiven Verstimmungen (Traurigkeit, sozialer Rückzug) bis hin zu Aggressivität und delinquentem Verhalten.  

Es ist daher wichtig, die Ursachen für die Rechenprobleme abzuklären, um rechtzeitig Fördermaßnahmen einleiten zu können, die dem betroffenen Kind helfen. Die leider immer noch oft vertretende Annahme, dass sich eine Rechenschwäche bis zum Pubertätsbeginn auswächst, ist nachgewiesenermaßen unzutreffend. Die mit der Rechenschwäche einhergehenden Schwierigkeiten erweisen sich laut Studien als sehr entwicklungsstabil und Kinder, denen nicht geholfen wird, behalten ihre Schwächen bis zum Schulabschluss bei. Ohne Behandlung bleibt die Dyskalkulie bis ins Erwachsenenalter bestehen und kann die Bildungs-, Berufs- und Persönlichkeitsentwicklung negativ beeinflussen.  

Ursachen von Dyskalkulie

Dyskalkulie gilt als komplexe und multifaktoriell bedingte Störung, deren Ursachen bislang nicht vollständig geklärt sind. So ist die Entwicklung zahlenverarbeitender Hirnfunktionen ein neuroplastischer Reifungsprozess, der zur Ausbildung eines komplexen Netzwerkes führt. An diesem Reifungsprozess sind verschiedene Hirnfunktionen wie Aufmerksamkeitsprozesse, das Arbeitsgedächtnis sowie Sprache, Sensomotorik und das visuell-räumliche Vorstellungsvermögen beteiligt. Durch Übung entsteht in den verschiedenen an diesen Funktionen beteiligten Hirnregionen ein neuronales Netzwerk, das für Rechenaufgaben aktiviert wird. 

Entsprechend gibt es viele Einflussgrößen, die die Reifung dieses neuronalen Netzwerkes beeinträchtigen und eine Rechenschwäche verursachen können. Zu diesen gehören insbesondere genetische, kognitive und neurologische Faktoren. Als primäre Ursachen betrachten Expert:innen genetische Vulnerabilitäten in Bezug auf basisnumerische sowie sprachliche, visuell-räumliche sowie exekutive (das Denken und Handeln steuernde) Funktionen. So zeigt beispielsweise die Hirnregion, die für den angeborenen und bereits bei Säuglingen vorhandenen Zahlensinn verantwortlich ist, bei Dyskalkulie-Betroffenen eine geringere Aktivierung. 

Diagnose von Dyskalkulie

Diagnostiziert wird die Dyskalkulie zumeist in der Grundschulzeit, wenn Schwierigkeiten im erstmalig erteilten Mathematikunterricht auffallen. Da die Rechenleistung in der ersten Klasse bei allen Kindern noch nicht stabil ist, wird die Diagnose vorrangig in der zweiten Klasse gestellt wird. Sie beinhaltet:  

  • Anamnese (Entwicklungsverlauf, Familien- und Schulsituation, Auswirkungen auf psychische Entwicklung)
  • psychometrische Tests (Erfassung der Mathematikleistung, des visuell-räumlichen Arbeitsgedächtnisses und der exekutiven Funktionen
  • klinische Untersuchung einschließlich neurologischer, sensorischer und intellektueller Funktionen 

Falls dein Kind die Diagnose Dyskalkulie erhält, ist dies nicht deine oder die Schuld deines Kindes. Rechenerwerbsschwächen entstehen nicht, weil dein Kind zu wenig lernt oder du es als Elternteil zu wenig unterstützt hast. Die Ursachen sind vielschichtig. Ziel sollte es daher sein, gemeinsam mit deinem Kind und dessen Schule Lösungen zu identifizieren, die dein Kind beim Erlernen des Rechnens bestmöglich fördern. 

Behandlung von Dyskalkulie

Die Behandlung von Dyskalkulie ist eine komplexe Herausforderung. Sie sollte auf einer fundierten Diagnostik fußen und die individuellen Funktionsprofile und Symptomausprägungen berücksichtigen. Die Behandlung zielt auf die Verbesserung der basisnumerischen Fertigkeiten, die Entwicklung und Verfestigung von Zahlenraumvorstellungen, den Aufbau und die Festigung eines arithmetischen Verständnisses sowie die Automatisierung von Faktenwissen. Diese Fähigkeiten werden dabei im Rahmen eines Wechselspiels zwischen langsam aufbauendem Verstehen und durch Wiederholung festigendem Üben angeeignet. 

Risikofaktoren von Dyskalkulie

Da die Ursachen einer Dyskalkulie einen starken genetischen Anteil haben, stellt das Vorhandensein der Rechenschwäche bei Familienangehörigen einen Risikofaktor dar. So ist das Risiko für Dyskalkulie fünf– bis zehnfach erhöht, wenn ein Geschwisterteil bereits eine Rechenschwäche aufweist. Daneben existieren Faktoren, die die Ausreifung der Rechenfertigkeiten stören und so eine Rechenschwäche verstärken können. Zu diesen gehören beispielsweise eine gestörte Beziehung des Kindes zu seinen Eltern, zu Gleichaltrigen und Lehrern:innen sowie Stress und Leistungsdruck. 

Welche Hilfe bietet Doktor.De bei Dyskalkulie an?

Solltest du bei deinem Kind eine Rechenschwäche vermuten, helfen dir die mit Doktor.De kooperierenden Mediziner:innen bei der Einordnung der bei deinem Kind vorliegenden Rechenschwierigkeiten. Für die erforderliche umfassende Diagnostik und Planung der Fördermaßnahmen wendest du dich anschließend an Kinder- und Jugendpsychotherapeut:innen. 

  

Quellen: 

Dögnitz, S. (2022): Diagnostik von besonderen Rechenschwierigkeiten in der Sekundarstufe I. Wiesbaden: Springer Spektrum. 

Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e. V. (DGKJP). UJ. S3-Leitlinie: Diagnostik und Behandlung der Rechenstörung. bvl-legasthenie.de

Kaufmann, L. Aster, M. von. 2014. Diagnostik und Intervention bei Rechenstörung. aerzteblatt.de

Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e. V. 2018. Dyskalkulie – Ratgeber zum Thema Dyskalkulie – Erkennen und Verstehen. bvl-legasthenie.de

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Letztes Update: 2023-07-11