Muttermundschwäche

Muttermundschwäche – der medizinische Fachbegriff lautet Zervixinsuffizienzist eine Schwangerschaftskomplikation, die zu einer Fehl- oder Frühgeburt führen kann. Der Gebärmutterhals (Zervix) mit dem äußeren Muttermund an seinem Ende bildet die Öffnung der Gebärmutter zur Scheide hin. Während der Schwangerschaft sollten Zervix und Muttermund fest geschlossen sein. Erst im Laufe der Geburt erweichen und öffnen sich beide durch die Wehentätigkeit. Bei Muttermundschwäche passiert diese Erweichung vorzeitig und ohne Wehen, der Gebärmutterhals verkürzt sich und der Muttermund kann sich vorzeitig öffnen. Eine Muttermundschwäche tritt in der Regel im zweiten Schwangerschaftsdrittel auf und betrifft etwa eine von 100 Schwangeren.  

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Symptome von Muttermundschwäche

Die Gewebeschwäche des Gebärmutterhalses verursacht in der Regel keine oder nur sehr unspezifische Symptome. Mitunter kommt es zu einem Ziehen in den Leisten und im Rücken, zu menstruationsähnlichen Schmerzen oder zu einem Druckgefühl im Unterbauch. Vorzeitige Wehen treten zunächst nicht auf. Bei einer Ultraschalloder Tastuntersuchung des Gebärmutterhalses fallen dessen Verkürzung und Erweichung, eventuell auch der bereits geöffnete Muttermund auf. Allgemein gilt eine Gebärmutterhalslänge unterhalb von 25 Millimeter als Hinweis auf eine Muttermundschwäche mit erhöhtem Frühgeburtsrisiko. 

Ursachen von Muttermundschwäche

Warum es im Einzelfall zu einer Muttermundschwäche gekommen ist, ist oft nicht klar. In vielen Fällen dürften Infektionen der Scheide mit Bakterien eine Rolle spielen. Angeborene Bindegewebserkrankungen oder Fehlbildungen der Gebärmutter können verantwortlich sein; solche Probleme kommen jedoch vergleichsweise selten vor.  

Behandlung von Muttermundschwäche

Die Behandlung der Muttermundschwäche hat das Ziel, die erfolgreiche Fortführung der Schwangerschaft zu sichern. Eine Muttermundschwäche führt jedoch keineswegs automatisch zu einer Frühgeburt, daher müssen Behandlungs- und Frühgeburtsrisiko insbesondere bei operativen Eingriffen zur Behandlung der Zervixinsuffizienz gegeneinander abgewogen werden. 

Progesteron 

Die Behandlung mit Progesteron, einem weiblichen Sexualhormon, hilft, die Schwangerschaft aufrechtzuerhalten und wird daher bei Muttermundschwäche generell empfohlen. In der Regel wird das Medikament vaginal in Form von Weichkapseln, Zäpfchen oder Gel angewendet. 

Operativer Verschluss des Muttermunds   

Eine Zerklage (französisch: Cerclage) ist der Verschluss des Muttermundes mit einer um den Gebärmutterhals gelegten Fadenschlinge. Der Eingriff erfolgt unter Rückenmarksanästhesie oder in Narkose. Ein bis zwei Wochen vor dem Geburtstermin (oder bei einsetzenden Wehen) wird die Zerklage durch Zerschneiden des Fadens wieder entfernt, dies geht rasch und ist nicht schmerzhaft. Die Zerklage wird bei Frauen mit Muttermundschwäche, die bereits eine oder mehrere Frühgeburten hatten, generell angewendet und kann auch für Schwangere mit Muttermundschwäche ohne vorausgegangene Fehlgeburt erwogen werden. 

Bei hohem Frühgeburtsrisiko kann prophylaktisch ein totaler Muttermundverschluss durchgeführt werden, bei der der Muttermund unter Entfernung der obersten Gewebeschicht zugenäht wird. Die Bildung von Narbengewebe führt hier zu einem bakteriendichten Verschluss der Gebärmutter. Beginnt die Geburt, öffnet sich der so verschlossene Muttermund oft von selbst. Passiert das nicht, kann er unter lokaler Betäubung durch einen kleinen Schnitt geöffnet werden. 

Zervixpessar 

Die Anlage eines Zervixpessars ist eine Alternative zur Zerklage. Es handelt sich um eine Silikonkappe, die auf dem Muttermund platziert wird und den Gebärmutterhals stützt.  

Körperliche Schonung 

Schwangere mit Muttermundschwäche sollten schwere körperliche Arbeit und Tätigkeiten, die für mehrere Stunden eine unveränderte oder stehende Körperhaltung erfordern, vermeiden. Bettruhe wird dagegen im Regelfall nicht empfohlen. Wissenschaftliche Studien haben keine eindeutigen Hinweise geliefert, dass totale körperliche Inaktivität das Frühgeburtsrisiko senken könnte. Dagegen ist unbestritten, dass sie das Risiko einer Thrombose erhöht, Osteoporose und Verlust von Muskelmasse begünstigt und sich negativ auf die Psyche auswirkt. Sie wird deshalb nur in kritischen Einzelfällen verordnet – etwa bei einem Vorfall (Prolaps) der Fruchtblase durch den geöffneten Muttermund, der das Risiko eines vorzeitigen Blasensprunges stark erhöht. 

Wehenhemmende Medikamente 

Treten zusätzlich zur Zervixverkürzung regelmäßige vorzeitige Wehen auf, ist eine Behandlung mit wehenhemmenden Medikamenten (Tokolyse) angezeigt.  

Steroidgabe zur Beschleunigung der Organreifung beim Fetus 

Bei erhöhtem Frühgeburtsrisiko wird – üblicherweise zweimal im Abstand von 24 Stunden – das Steroid Betamethason injiziert, das beim Fetus die Reifung von Lunge, Blutgefäßen und Darm beschleunigt und damit das Risiko typischer Frühchen-Komplikationen wie Atemstörungen, Hirnblutungen oder Darmprobleme senkt. 

Risikofaktoren von Muttermundschwäche

Das Risiko einer Muttermundschwäche ist erhöht bei 

  • vorangegangenen Früh- oder Fehlgeburten
  • angeborenen Erkrankungen des Bindegewebes oder Fehlbildungen der Gebärmutter
  • einer Neigung zu bakteriellen Infektionen der Scheide

Vorbeugung von Muttermundschwäche

Frauen, die bereits eine oder mehrere Fehl- oder Frühgeburten hatten, werden in der Schwangerschaft häufiger und umfassender untersucht, um mögliche Komplikationen rechtzeitig zu erkennen. Darüber hinaus sind einige spezifische Maßnahmen sinnvoll, die dem erneuten Auftreten einer Muttermundschwäche vorbeugen können.  

Dazu gehört die Gabe von Progesteron ab der 16. Schwangerschaftswoche und die konsequente Behandlung und Vorbeugung bakterieller vaginaler Infektionen. Es sollte also besonders auf Symptome einer bakteriellen Vaginose geachtet und gegebenenfalls rasch antibiotisch behandelt werden. Auch die regelmäßige Selbstmessung des vaginalen pH-Werts (dieser steigt bei einer bakteriellen Vaginose an) kann sinnvoll sein. 

Ein wichtiger Beitrag zur Senkung des Frühgeburtsrisikos ist der Verzicht auf Nikotin. Über diese konservativen Prophylaxemaßnahmen hinaus kann im frühen zweiten Schwangerschaftsdrittel ein prophylaktischer Muttermundverschluss erwogen werden. 

Welche Hilfe kann Doktor.De bei Muttermundschwäche anbieten?

Die mit Doktor.De kooperierenden Gynäkolog:innen können dich bei Muttermundschwäche beraten und deine Fragen beantworten. Um den Zustand deines Zervix und das damit verbundene Risiko einer Fehl- oder Frühgeburt zu beurteilen, sind anschließende körperliche Untersuchungen erforderlich, für die du eine gynäkologische Praxis aufsuchen musst. 

  

Quellen 

Zervixinsuffizienz. In: H. Schneider et al. (Hrsg.): Geburtshilfe. Springer-Verlag Berlin Heidelberg (2000), S. 481 

Zervixinsuffizienz. In: J. Baltzer (Hrsg.): Praxis der Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme (2004), S. 265 

  Deutsche, Österreichische und Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe: Leitlinie Prävention und Therapie der Frühgeburt (2018) 

Letztes Update: 2023-05-11