Borderline Persönlichkeitsstörung

Etwa ein bis zwei Prozent der Deutschen leiden unter Borderline. Damit gehört die Erkrankung hierzulande zu den häufigsten und bekanntesten Persönlichkeitsstörungen. Wir gehen den Symptomen und Ursachen der Krankheit auf den Grund und informieren über den Verlauf und die Behandlungsmöglichkeiten. 

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Symptome von Borderline Persönlichkeitsstörung

Für Menschen mit Borderline Symptomen gestaltet sich das Leben wie ein unkontrolliertes Auf und Ab. Sie kämpfen mit starken Stimmungsschwankungen und intensiven Emotionen. Typisch für die Erkrankung sind Symptome wie: 

  • Impulsivität und Unsicherheit
  • Gefühlsstürme
  • ausgeprägtes Schwarz-Weiß-Denken
  • anhaltende Wut und Aggressivität
  • häufiges Gefühl der Leere
  • Schwierigkeiten, stabile Beziehungen aufzubauen
  • Verlassensängste bei gleichzeitiger Angst vor Nähe
  • Selbstverletzung bis hin zu Suizidversuchen
  • paranoide oder dissoziative Symptome 

 

Wie wird Borderline diagnostiziert?

Die wissenschaftlichen Diagnosesysteme DSM-5 und ICD-10 setzen für die Diagnose einer Borderline Persönlichkeitsstörung das Vorliegen bestimmter Symptome und Kriterien voraus. 

DSM-5 

Laut DSM-5 handelt es sich bei Borderline um ein tiefgreifendes Muster der Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, in den Affekten und im Selbstbild, gepaart mit deutlicher Impulsivität. 

Mindestens fünf der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein: 

  • hektisches Bemühen, vermutetes oder tatsächliches Verlassenwerden zu vermeiden
  • ausgeprägte und anhaltende Instabilität der Selbstwahrnehmung oder des Selbstbildes
  • ein Muster intensiver und instabiler zwischenmenschlicher Beziehungen (Wechsel zwischen extremer Idealisierung und Entwertung)
  • Impulsivität in zwei oder mehr selbstschädigenden Bereichen (beispielsweise Geldausgabe, rücksichtsloses Fahren, Essanfälle, Sexualität, Substanzmissbrauch)
  • wiederholte suizidale Handlungen, Selbstverletzungsverhalten, Selbstmorddrohungen oder -andeutungen,
  • ausgeprägte Reaktivität der Stimmung (hochgradige episodische Reizbarkeit, Misslaunigkeit oder Angst, wobei dieser Zustand meist wenige Stunden und nur selten länger als einige Tage andauert)
  • heftige Wut, häufige Wutausbrüche, Schwierigkeiten, die Wut zu kontrollieren, wiederholte körperliche Auseinandersetzungen
  • durch Belastungen verursachte wahnhafte Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome 
ICD-10

Die ICD-10 versteht Borderline als einen von zwei Untertypen der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung. Den impulsiven Typus dieser Störung kennzeichnen unberechenbare Handlungen und mangelnde Impulskontrolle. Beim Borderline-Typus kommen zusätzlich Beeinträchtigungen des eigenen Selbstbildes und des Beziehungsverhaltens hinzu. Insgesamt entspricht dieser Typus weitgehend der Definition des DSM-5. 

Abgrenzung / Differenzialdiagnose

Selbst für erfahrene Fachärzt:innen ist die Borderline Persönlichkeitsstörung oft nur schwer zu erkennen. Verwechslungsgefahr besteht insbesondere mit folgenden Erkrankungen: 

Ursachen von Borderline Persönlichkeitsstörung

Einen erheblichen Anteil an der Ausbildung von Borderline haben genetische Faktoren. Zusätzlich können ungünstige Grundeinstellungen, bestimmte Lebenserfahrungen und schädliche Verhaltensmuster das Entstehen und Aufrechterhalten der Persönlichkeitsstörung fördern. In der Vergangenheit (meist in der Kindheit) sehr vieler Betroffener finden sich sexuelle und / oder körperliche Gewalt und / oder schwere Vernachlässigung. 

Zum Teil arbeitet das Gehirn von Borderline-Patient:innen anders als das gesunder Menschen. Beobachtet wurden beispielsweise Aktivitätsveränderungen in der für die Verarbeitung von Gefahrensituationen, Ängsten und Stress verantwortlichen Gehirnregion. Ebenfalls typisch sind Veränderungen am Hippocampus. 

Behandlung von Borderline Persönlichkeitsstörung

An erster Stelle steht die Behandlung von Suizidgedanken und von Verhaltensmustern und Gedanken, die sich nachteilig auf den Fortgang der Therapie auswirken können. Der weitere Behandlungsverlauf hängt von der individuellen Situation der Betroffenen ab. Grundvoraussetzung für den Therapieerfolg ist das Erfassen sämtlicher Aspekte und Ausprägungen der Erkrankung. Es existieren verschiedene Behandlungsformen, die auf unterschiedliche Schwerpunkte der Persönlichkeitsstörung abzielen: 

Dialektisch behaviorale Therapie 

Diese Behandlungsmethode integriert Ansätze aus der Verhaltenstherapie, der Gestalt- und Hypnotherapie, der kognitiven Therapie und aus dem Zen-Buddhismus. Welche davon zur Anwendung kommen, hängt von der Art des Problems und des Verhaltens ab. 

In der ersten Therapiephase werden schwerwiegende Störungen der Verhaltenskontrolle behandelt. Je nach Bedarf werden auch Fertigkeiten trainiert, welche die Patient:innen zur eigenständigen Problemlösung befähigen, beispielsweise: 

  • Fähigkeiten zur Stresstoleranz und/oder zur Gefühlskontrolle
  • Selbstwertsteigerung und Körperwahrnehmung
  • zwischenmenschliche Fertigkeiten 

Die zweite Therapiephase stellt schwerwiegende Störungen des emotionalen Erlebens in den Vordergrund, während in der dritten Probleme der Lebensführung bearbeitet werden. 

Schematherapie / schemafokussierte Therapie 

Die Schematherapie geht davon aus, dass durch ungünstige Kindheitserlebnisse entstandene Schemata der Hauptauslöser für die Entwicklung der Persönlichkeitsstörung sind. Diese stark mit negativen Gefühlen verbundenen Grundmuster liegen auf einer tiefen, für das Bewusstsein schwer zugänglichen Ebene. Die Wissenschaft vermutet, dass Menschen mit Borderline zwischen fünf verschiedenen Schemata wechseln. Das Ziel der Behandlung besteht in der Änderung der unbewussten Muster, um den Patient:innen ein normales Agieren zu ermöglichen. 

Mentalisierungsbasierte Therapie 

Dieser Behandlungsform liegt die Annahme zugrunde, dass eine mangelhafte Ausprägung der Subjekt-Objekt-Differenzierung das Hauptproblem ist. Einerseits ist die Fähigkeit gestört, eigenes Erleben in einen verständlichen Zusammenhang zu stellen. Andererseits sind die Betroffenen nicht in der Lage, innere Vorgänge bei anderen Personen zu erkennen und zu verstehen. Durch Verbesserung dieser Fähigkeiten ist es möglich, die Affekt- und Impulskontrolle zu steigern. Das wirkt sich automatisch vorteilhaft auf das Beziehungsleben von Borderline-Patient:innen aus. 

Übertragungsfokussierte Psychotherapie 

Auch hier wird eine mangelhafte Ausprägung der Subjekt-Objekt-Differenzierung vorausgesetzt. Dabei bezieht sich der Begriff „Objekt“ auf Bezugspersonen, die auf die Handlungen und Äußerungen des „Subjekts“ (Borderline-Patient:in) eingehen und reagieren. Während der Behandlung wird versucht, eine oftmals in der Kindheit entstandene gestörte Objektbeziehung (beispielsweise zu Eltern oder zu Pflegeeltern), auf den Therapeuten oder die Therapeutin zu übertragen und auf diese Weise aufzuarbeiten. 

Medikamentöse Therapie 

Medikamente im Sinne eines Heilmittels gegen die Borderline Persönlichkeitsstörung gibt es nicht. Es existieren jedoch Arzneimittel, die stabilisierend und unterstützend wirken. Dazu zählen: 

  • Stimmungsstabilisierer
  • bestimmte Antipsychotika
  • atypische Neuroleptika
  • selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) 

Letztere kommen zur Anwendung, wenn die Borderline-Störung mit Angststörungen oder Depressionen einhergeht. 

Wie ist der Krankheitsverlauf bei einer Borderline Persönlichkeitsstörung?

Im akuten Zustand kann Borderline für die Betroffenen mitunter lebensbedrohlich sein und auch das Umfeld in starke Mitleidenschaft ziehen. Auf lange Sicht ist der Verlauf jedoch eher günstig. Voraussetzungen für eine gute Prognose sind eine frühzeitige Diagnose und eine fachkundige Behandlung der Störung. Zudem ist es wichtig, die Therapie nicht abzubrechen. 

Risikofaktoren von Borderline Persönlichkeitsstörung

Zu den Hauptrisikofaktoren zählen: 

  • junges Lebensalter
  • gestörte Schmerzempfindung
  • weibliches Geschlecht
  • familiäre Belastung mit psychiatrischen Erkrankungen 

Die Erkrankung tritt am häufigsten zwischen dem 18. und 30. Lebensjahr in Erscheinung. 75 Prozent der Betroffenen sind Frauen. Viele Patient:innen berichten von vorangegangenen traumatischen Erfahrungen. 

Welche Hilfe bietet Doktor.De bei ADHS an?

Du befürchtest, unter Borderline zu leiden, oder kennst jemanden, auf den die beschriebenen Symptome zutreffen? Dann sind unsere Mediziner:innen die richtigen Ansprechpartner:innen. Sie haben jederzeit ein offenes Ohr für deine Probleme und stehen dir gern beratend zur Seite. 

  

Quellen: 

UJ. BORDERLINE PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNG „Ich hasse dich – bitte geh‘ nicht weg!“. Oberbergkliniken.de

31.05.2023. Borderline-Persönlichkeitsstörung. Psychiatrienetz

Salima Coy. Ohne Halt – leben mit der Border­line-Persön­lich­keits­stö­rung. Die Techniker

Prof. Dr. med. Sabine C. Herpertz. UJ. Behandlungsmöglichkeiten der Borderline-Persönlichkeitsstörung. Neurologen und Psychiater im Netz.

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Letztes Update: 2023-06-20