Bipolare Störung

Als Bipolare Störung wird ein psychiatrisches Krankheitsbild bezeichnet, bei dem sich Phasen der Überaktivität, Euphorie und Selbstüberschätzung mit Antriebslosigkeit, Niedergeschlagenheit oder tiefen Depressionen abwechseln. Unbehandelt verstärken sich die Symptome der Erkrankung im Laufe der Zeit. Betroffene sind dann oft nicht mehr in der Lage, berufliche und alltägliche Herausforderungen zu meistern. Für sie und ihre Angehörigen entsteht in der Regel ein hoher Leidensdruck.  

Ursache der Erkrankung ist eine Fehlfunktion des Hirnstoffwechsels. Erkrankte weisen veränderte Verteilungs- und Regulationsmuster von wichtigen Botenstoffen des Gehirns auf. Zur Behandlung der bipolaren Störung stehen medikamentöse Therapien und psychotherapeutische Verfahren zur Verfügung. In vielen Fällen ist es sinnvoll, Medikamente und Psychotherapie miteinander zu kombinieren. 

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Was kennzeichnet die Bipolare Störung?

Die Bezeichnung bipolare Störung beschreibt den permanenten Wechsel zwischen zwei emotionalen Extremen, denen Betroffene ausgesetzt sind: Die beiden gegensätzlichen Pole ungehemmte Euphorie (Manie) und Depression bestimmen ohne geeignete Therapie weitgehend ihren Alltag. Früher wurde die Erkrankung deshalb auch als manisch-depressive Störung bezeichnet. 

Bei manchen Betroffenen sind die manischen Phasen weniger stark ausgeprägt – Mediziner:innen sprechen dann von einer hypomanischen Episode. Bei rund fünf bis 20 Prozent der Erkrankten kommt es zu mindestens vier Stimmungswechseln pro Jahr. Diese Verlaufsform der bipolaren Störung wird als Rapid Cycling bezeichnet. Seltener treten auch Mischformen auf, bei denen manische und depressive Symptome während einer Krankheitsphase zugleich auftreten. Ein solcher Mischzustand wird als besonders belastend erlebt und ist oft nicht leicht zu erkennen, was die Diagnosestellung erschwert. 

Manische und depressive Stimmungsschwankungen sind zwar charakteristisch für die bipolare Störung, stellen aber keine Alleinmerkmale der Erkrankung dar. Sie können auch Anzeichen einer anderen gesundheitlichen Beeinträchtigung sein oder durch Medikamente – etwa Antidepressiva, Hormonpräparate und Mittel gegen Bluthochdruck und Parkinson – ausgelöst werden. Auch der Konsum von Drogen wie Kokain, Amphetaminen oder Mischsubstanzen auf MDMA-Basis („Ecstasy”) kann Symptome auslösen, die denen der bipolaren Störung ähneln. Falls du bei dir oder bei anderen Anzeichen einer Bipolaren Störung wahrnimmst, ist eine fachärztliche Abklärung empfehlenswert. 

Symptome von Bipolare Störung

Die bipolare Störung weist eine Vielzahl an Symptomen auf, die sich je nach Phase der Erkrankung unterscheiden. Die Dauer der Krankheitsepisoden variiert stark, sie können sich über einige Tage, Monate oder sogar Jahre erstrecken. Zwischen den einzelnen Episoden sind Menschen, die an einer Bipolaren Störung leiden, meist beschwerdefrei. 

Symptome der Manie 

Manische Phasen kennzeichnen sich durch eine gehobene Stimmung, einen gesteigerten Antrieb und erhöhte Aktivität aus. Das Schlafbedürfnis ist meist deutlich reduziert, Betroffene erscheinen sehr energiegeladenen oder auch extrem gereizt. In der Phase der Manie werden oft Projekte begonnen, die sich nicht fertigstellen lassen, oder Käufe getätigt, die die finanziellen Mittel der Erkrankten bei weitem übersteigen. Weitere häufige Symptome sind: 

In extremen Hochphasen (Manie) sind Menschen mit einer Bipolaren Störung unter anderem sehr sprunghaft. | © ThitareeSarmkasat 
  • Distanzlosigkeit
  • Wegfall sozialer Hemmungen
  • impulsives Verhalten und
  • hohe Kontaktfreudigkeit
  • Sprunghaftigkeit
  • Ideenflut, Ruhelosigkeit
  • gesteigerter Redefluss
  • erhöhtes Risikoverhalten, Ungehemmtheit
  • Selbstüberschätzung 

Nicht selten treten in der Manie auch wahnhafte (psychotische) Symptome wie Halluzinationen, Größen- oder Verfolgungswahn auf. 

Symptome der Depression 

Depressive Symptome, die im Rahmen der bipolaren Störung auftreten, unterscheiden sich nicht von denen einer klassischen Depression („Major Depression”). Dazu zählen etwa: 

  • Antriebslosigkeit
  • Verlust von Interessen, Gleichgültigkeit
  • Niedergeschlagenheit
  • Schlafstörungen
  • Denk- und Konzentrationsstörungen
  • Gefühl der Wertlosigkeit, Selbstzweifel
  • Schuldgefühle
  • Gefühl der Empfindungslosigkeit
  • Appetitlosigkeit
  • Suizidgedanken
  • körperliche Symptome wie Schmerzen, Herzbeschwerden, Magen- und Darmprobleme, Schwindel 

Es gibt zwei Ausprägungen der Erkrankung, die sich in ihrer Symptomatik unterscheiden: 

Bipolar-I-Störung 

Die Bipolar-I-Störung ist definiert durch das Auftreten depressiven Episoden und von manischen Phasen, die mindestens 14 Tage dauern und stark ausgeprägt sind. Diese Form der Erkrankung tritt in Deutschland bei etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung auf. 

Bipolar-II-Störung 

Bei der Bipolar-II-Störung tritt neben den depressiven Phasen mindestens eine hypomanische Phase auf, es kommt aber zu keinen Manien. An dieser Form der Erkrankung leiden rund vier Prozent der Bevölkerung in Deutschland. 

Beide Formen der Erkrankung zählen zu den affektiven Störungen. Damit wird eine Gruppe psychischer Erkrankungen bezeichnet, bei denen über einen längeren Zeitraum Stimmung und Antrieb von einem definierten Normalbereich abweichen. 

Ursachen von Bipolare Störung

Bei der bipolaren Störung funktioniert der Stoffwechsel der Gehirn-Botenstoffe (Neurotransmitter) Dopamin, Noradrenalin, Serotonin und GABA nicht bestimmungsgemäß – das ist aus Untersuchungen bekannt. Welche Ursachen dafür verantwortlich sind, ist jedoch noch nicht abschließend geklärt. Fachkreise gehen davon aus, dass mehrere Faktoren bei der Entwicklung der Erkrankung eine Rolle spielen und dass es eine starke genetische Komponente gibt. 

Die Krankheit wird zwar nicht direkt vererbt, Kinder von Betroffenen haben aber ein erhöhtes Risiko für die Erkrankung. Aus Familien- und Zwillingsstudien ist bekannt: Ist ein Elternteil erkrankt, haben die Nachkommen ein Risiko von zehn bis zwanzig Prozent, ebenfalls an einer bipolaren Störung zu erkranken. Bei zwei betroffenen Elternteilen erhöht sich die Erkrankungswahrscheinlichkeit auf bis zu sechzig Prozent. 

Auch psychosoziale Faktoren dürften eine Rolle bei der Entstehung der Krankheit spielen. 

Behandlung von Bipolare Störung

Bei der Behandlung der bipolaren Störung wird zwischen Therapie der akuten Symptomatik (Akutbehandlung) und Vorbeugung depressiver und manischer Phasen (Phasenprophylaxe) unterschieden. Eine medikamentöse Therapie ist immer notwendig. In der Regel werden mehrere Wirkstoffe kombiniert. Zum Einsatz kommen: 

  • Stimmungsstabilisierer, die in beiden Phasen starke Stimmungsschwankungen ausgleichen können, wie Lithium oder Antikonvulsiva (Carbamazepin, Valproinsäure, Lamotrigin)
  • Antidepressiva zur Behandlung der depressiven Symptomatik: diese müssen jedoch mit besonderer Vorsicht eingesetzt werden, da sonst die Gefahr eines raschen Umschlagens der depressiven in eine manische Phase besteht
  • Atypische Neuroleptika werden vor allem bei Patient:innen mit wahnhaften Symptomen eingesetzt
  • Psychotherapie eignet sich als ergänzende Therapie zur Stabilisierung und zur Prophylaxe neuer Krankheitsepisoden 

Welche Medikamentenkombination im Einzelfall sinnvoll ist, sollte immer mit den behandelnden ärztlichen Fachkräften besprochen werden, ebenso wie ein gewünschtes Absetzen oder eine Dosisanpassung der verordneten Medikamente. 

Risikofaktoren von Bipolare Störung

Neben einer genetischen Disposition zählen auch psychische Belastungen zu den Risikofaktoren für eine bipolare Störung. So gelten etwa Stress, belastende Lebensereignisse und traumatische Erfahrungen in Zusammenhang mit unzureichenden Verarbeitungsstrategien als krankheitsbegünstigend. Auch einige Medikamente sowie Alkohol– und Drogenmissbrauch können Auslöser für Krankheitsepisoden sein. 

Welche Hilfe bietet Doktor.De bei Bipolare Störung an?

Du hast noch Fragen zur Diagnose der Bipolaren Störung oder möchtest dich über Therapiemöglichkeiten in deiner Nähe informieren? Die Fachärztinnen und Fachärzte von Doktor.De haben ein offenes Ohr für deine Anliegen und stehen dir zum Beispiel per Videocall mit Rat und Tat zur Seite! 

  

Quellen: 

Prof. Dr. Dr. Bauer, M. Prof. Dr. Pfennig, A. Mai 2020. S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie Bipolarer Störungen. Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen.

Prof. Dr. Hasler, G. Prof. Dr. med. Bauer, M. Dr. Pycha, R. UJ. Was ist eine Bipolare Erkrankung? Neurologen und Psychiater im Netz.

 

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Letztes Update: 2023-04-16